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Gebärdensprache

"Ich brauche die Lippen zum Lesen"

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Eine Lehrerin spricht am 26.09.2013 in der einzigen Gehörlosenschule Mecklenburg-Vorpommerns in Güstrow mit ihren Schülern im Mathematikunterricht in Gebärdensprache.
Eine Lehrerin spricht in einer Gehörlosenschule mit ihren Schülern im Mathematikunterricht in Gebärdensprache. © picture alliance / ZB / Jens Büttner
Von Gudrun Holtz · 17.09.2018
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Alle Kinder sind in Deutschland schulpflichtig. Wenn Kinder gehörlos oder schwerhörig sind, dann gehen sie oft auf eine Schule, in der der Unterricht mit Gebärden stattfindet, die die Lautsprache begleiten.
Gehörlose Menschen können sich nicht über gesprochene Wörter miteinander verständigen. Sie haben ihr eigene Sprache: die Gebärdensprache. Sie ist eine eigenständige, vollwertige Sprache, bei der die Hände, der Gesichtsausdruck und der Oberkörper benutzt werden, um Worte und Sätze zu formen.
"Gebärdensprache ist eine visuelle Sprache mit den Händen. Das bedeutet, du benutzt deine Hände, um etwas zu formen ... wenn ich zum Beispiel Q zeige, dann hebe ich meine Hände, an den Kopf wie Hörner. Das kann man erkennen, dass das eine Kuh ist", erklärt Sabine Bader. Sie ist Lehrerin an der Johann-Joseph-Gronewald-Schule in Köln.

Was ist wichtig beim Lippenlesen?

Viele Gehörlose können zudem Lippenlesen. Dabei ist es wichtig, dass die Lippen deutlich bewegt werden - und dass man sein Gegenüber ansieht. Wenn beim Sprechen der Kopf abgewendet wird, ist das Lippenlesen nicht mehr möglich.
"Ich brauche die Lippen zum Lesen, damit ich besser verstehe", sagt Kevin.
In der Gebärdensprache miteinander zu kommunizieren, verlangt vollen Körpereinsatz. Die Worte werden meist mit den Händen geformt, die dazugehörigen Gefühle jedoch werden durch die Mimik, den Gesichtsausdruck vermittelt.
So lässt sich dem Gesprächspartner leicht zeigen, ob der Urlaub schön oder schlecht war, ein Essen wohlschmeckend oder ekelhaft, oder ob ein Buch lesenswert ist, oder nicht.
Falls es für ein Wort keine passende Gebärde gibt, dann können die Gebärdenden auf das Fingeralphabet zurückgreifen. Dann wird das Wort eben buchstabiert.
Städteführerin Traudel Theisen zeigt am 31.07.2017 vor der Porta Nigra in Trier per Gebärdensprache das Zeichen für «I love you». Die 50-Jährige ist eine von vier frisch ausgebildeten Städteführerinnen in der Moselstadt, die neuerdings Führungen in Gebärdensprache anbieten. (zu dpa «Trierer Geschichte mit Hand und Fuß: Gehörlose führen Gehörlose» vom 04.08.2017) Foto: Harald Tittel/dpa | Verwendung weltweit
Gut zu merken. Gehörlose in aller Welt zeigen einander die Buchstabenkombination I,L und Y. Sie sagen so "I Love You" zueinander. © dpa

"Taubstumm" ist eine Beleidigung

Oft heißt es, wenn über einen gehörlosen Menschen gesprochen wird: "Der ist taubstumm". Für die Gehörlosen ist das eine Beleidigung. Denn sie sind nicht stumm, sie können sprechen, nur können die meisten Hörenden diese Sprache nicht verstehen.
Gehörlosigkeit ist keine Krankheit, sondern eine Behinderung und Gehörlose sind nicht dümmer oder klüger als hörende Menschen.
Doch nicht hören können und wie mit dem Mund miteinander sprechen zu können, bedeutet für gehörlose Mädchen und Jungen auch, schwieriger Freundschaften mit hörenden Kindern oder auch Tieren zu schließen. Dabei hätten viel Gehörlose gerne mehr Kontakt zu Hörenden.
"Mein Wunsch ist, dass die anderen Leute mehr verstehen, was in Gehörlosen vorgeht", wünscht sich Kevin.
Außerdem zu hören:

- " Warum wir gerne im Kreis sitzen " von Maria Riederer

- " Pfoten, Flossen, Flügel " von Inga Marie Ramcke