Viel Spaß
Unser Gesicht und was es alles kann

Punkt, Punkt, Komma, Strich ...

23:46 Minuten
Zwei Menschen mit Smiley-Masken vor dem Gesicht. Comicartig verfremdet.
Was verät unser Gesicht über uns? © imago / Westend61 / Montage: DLF Kultur
Maria Riederer · 15.02.2019
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Die leuchtenden Augen, der lachende Mund, der große Zinken oder die kleine Stupsnase, Segelohren, Sommersprossen, schiefe Zähne oder Krokodilstränen: Ein Gesicht kann Romane erzählen.
Jedes Gesicht ist einzigartig, kein Mensch auf der Welt sieht genauso aus wie ein anderer. Selbst Zwillinge, die sich zum Verwechseln ähnlich sehen, sind nie ganz gleich.Normalerweise – wenn jemand nicht gerade einen Fast-Doppelgänger hat -, erkennt man das Gegenüber am besten am Gesicht. Es macht uns, so sagt man, zu Individuen, also zu unverwechselbaren Wesen. Aber das Gesicht bleibt nicht immer gleich. Es verändert sich mit jedem Lebensjahr – und auch manchmal in Sekundenschnelle. Es erzählt eine Menge über unser unsichtbares Inneres.
Zu allen Zeiten haben Menschen versucht, dieses unsichtbare Innere einzufangen. Beispielsweise indem sie ein Bild von dem Gesicht malten oder eine Skulptur formten. Über Jahrhunderte wurden Portraits von wichtigen Persönlichkeiten hergestellt: Kaiser und Könige, Fürstinnen und Prinzessinnen - oder auch Päpste und Bischöfe, Dichter und Forscher - oder berühmte schöne Frauen. Diese Menschen sollten nach ihrem Tod nicht einfach verschwinden, sondern es sollte Bilder von ihnen geben – für die Ewigkeit.
Aber die Künstlerinnen und Künstler haben auch gerne Gesichter von ganz unbekannten Menschen gemalt. Von einem Bauernmädchen oder einem Kutscher, von einem Kind oder einer uralten Frau. Einfach, weil sie sich gerne mit Gesichtern beschäftigt haben.
Mit der Erfindung der Fotgrafie ging das dann plötzlich viel schneller und scheinbar einfacher. Ein Augenblick und – zack, ist ein Foto gemacht. Doch mit Fotos ist das so eine Sache ... Manchmal kommt es vor, dass jemand sich auf dem Bild nicht schön findet oder sich nicht einmal wiedererkennt.
"Das hängt damit zusammen, dass wir selber immer nur unser Spiegelbild sehen. Und wenn ich jetzt einen Abzug des Portraits habe, dann ist das natürlich für das Modell ungewohnt, weil es ist genau andersrum als ich es morgens immer Spiegel immer sehe", weiß die Fotografin Anna Wagner.
Denn im Spiegel sehen wir uns anders als unser Gegenüber uns sieht. Wir selbst schauen beispielsweise beim Blick in den Spiegel mit dem rechten Auge auf unser rechtes Auge. Wenn jemand anders uns ansieht, schaut er mit seinem rechten Auge auf unser linkes Auge. Auf dem Foto sehen wir uns so, wie die anderen uns sehen und nicht so, wie wir uns selbst im Spiegel sehen.
Außerdem, wenn man genau hinsieht, kann man feststellen, dass die rechte und die linke Gesichtshälfte nie ganz gleich sind.
"Man spricht auch von der lachenden und der traurigen Seite – wenn man eine Hälfte abhält mit ner Pappe z.B. und dann in den Spiegel guckt, dann wird man besser beobachten können, ob das auch für einen selber zutrifft. Aber bei den meisten Menschen ist das so, das ist erstaunlich", erklärt Anna Wagner. "Nur im Gesamten gesehen ist das Gesicht ausgeglichen und trägt alles in sich: Das Frohe und das Traurige."